Wassersensible Bereiche

Bauen in Überschwemmungsgebieten

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Die Erderwärmung hat auch in Deutschland dazu geführt, dass die Durchschnittstemperatur der Atmosphäre weiter angestiegen ist. Eine wärmere Atmosphäre ist in der Lage, mehr Wasserdampf aufnehmen und abgeben zu können, wodurch die Niederschlagsintensität zunimmt. Die unmittelbaren Auswirkungen konnten in den letzten Jahren vermehrt in Form von Starkregenereignissen beobachtet werden, die zu verheerenden Katastrophen wie dem Jahrhundert-Hochwasser 2021 im Ahrtal führen können. Deswegen stehen unlängst nicht mehr nur Überschwemmungsgebiete, sondern auch sogenannte wassersensible Bereiche im Fokus der Baubehörden: Die Bebauung von möglicherweise überschwemmungsgefährdeten Gebieten ist nur nach weitergehenden Untersuchungen möglich, um auszuschließen, dass bestehende Bauwerke in Mitleidenschaft gezogen oder Menschen gefährdet werden könnten.

Da IFB Eigenschenk immer häufiger mit Gutachten beauftragt wird, die die Auswirkungen einer möglichen Bebauung in überschwemmungsgefährdeten Bereichen untersuchen, haben wir anhand dieser Anfragen festgestellt, dass für unsere Kunden der Unterschied zwischen einem Überschwemmungsgebiet und einem wassersensiblen Bereich nicht immer klar ist. Ganz zu schweigen von Begriffen wie Retentionsraum oder hydraulische Berechnung und der Frage, wie sich herausfinden lässt, ob sich das geplante Bauvorhaben im hochwassergefährdeten Bereich befindet. Daher haben wir uns dazu entschieden, einen ausführlichen Fragenkatalog zum Bauen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten zu erstellen. Damit auch Sie den Überblick behalten.

FAQ: Bauen in Überschwemmungs­gebieten und wassersensiblen Bereichen

Was regelt das Wasserhaushalts­gesetz?

Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) hat nach Paragraf 1 WHG den Zweck „durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage der Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.“

Neben Bestimmungen über den Schutz und die Nutzung von Gewässern und des Grundwassers, enthält das WHG unter anderem auch Vorschriften zum Hochwasserschutz – und bildet damit die rechtliche Grundlage für das Bauen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten. Indem neue Schutzvorschriften aufgenommen wurden, wird der Hochwasserschutz einerseits weiter verbessert. Andererseits erhalten Behörden damit zusätzliche Möglichkeiten, um hochwasserangepasstes Bauen voranzutreiben.

Sollten Sie noch mehr wissen wollen: Einen umfangreichen Überblick über das WHG finden Sie beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).

Grundwasserquelle

Was sind festgesetzte Überschwemmungs­gebiete?

Was sind vorläufig gesicherte Überschwemmungs­gebiete?

Das sind Flächen in der Nähe von Gewässern, die bei Hochwassern überflutet werden können, weswegen die Bundesländer nach § 76 Wasserhaushaltsgesetz dazu verpflichtet sind, Überschwemmungsgebiete amtlich festzusetzen. Üblicherweise wird für die Festlegung ein Hochwasserereignis zugrunde gelegt, das statistisch gesehen einmal in 100 Jahren zu erwarten ist. Wie Sie beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (Amtliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten – LfU Bayern) nachlesen können, stellen diese  festgesetzten Überschwemmungsgebiete dann unter anderem die Grundlage für die Bauleitplanung der Kommunen dar.

Ob Ihr Bauvorhaben in einem Überschwemmungsgebiet liegt, können Sie für das Bundesland Bayern beispielsweise im BayernAtlas oder im UmweltAtlas nachschauen.

Neben den festgesetzten Überschwemmungsgebieten gibt es noch vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete, die denselben Schutzvorschriften unterliegen, aber noch nicht amtlich festgesetzt wurden. Dazu gehören auch vorläufig gesicherte Gebiete zur Hochwasserentlastung bzw. Rückhaltung, wie zum Beispiel Flutpolder.

Warum unterscheidet man bei Hochwasser­szenarien zwischen HQhäufig, HQ100 und HQextrem?

Diese Abkürzungen bezeichnen Hochwasserszenarien, die statistisch gesehen mit unterschiedlichen Jährlichkeiten bzw. Regelmäßigkeiten eintreten können und für die es jeweils eine Hochwassergefahrenkarte gibt. Da die Erstellung von amtlichen Hochwassergefahrenkarten in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, gibt es diesbezüglich auch keine einheitliche Regelung. Das Bundesland Bayern unterscheidet beispielsweise drei Hochwasserszenarien:

Unter einem häufigen Hochwasser (HQhäufig) wird der Abfluss eines Oberflächengewässers verstanden, der im Mittel alle fünf bis zwanzig Jahre auftritt.

Ein 100-jährliches Hochwasser (HQ100) liegt dann vor, wenn der Abfluss eines Oberflächengewässers statistisch gesehen einmal in 100 Jahren überschritten wird. Dieses Ereignis liegt zumeist in Bayern den vorläufig gesicherten oder festgesetzten Überschwemmungsgebieten zugrunde.

Das Extremhochwasser (HQextrem) bezeichnet einen statistischen Abflusswert, der einem 1000-jährlichen Abflussereignis entspricht. Gegenüber dem auf Grundlage des HQ100 ermittelten Überschwemmungsgebietes beeinflusst das HQextrem weitere angrenzende Flächen. Die durch ein HQextrem beeinflussten Gebiete können ebenfalls beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten – LfU Bayern ) eingesehen werden.

Diese Unterscheidung ist deswegen wichtig, weil sie auf Grund des statistisch berechneten Gefährdungspotenzials darüber entscheidet, ob und was in den überschwemmungsgefährdeten Gebieten gebaut werden darf.

Darf in Überschwemmungs­gebieten gebaut werden?

Nach § 78 Wasserhaushaltsgesetz dürfen in festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten weder Gebäude errichtet noch erweitert werden. Dies ist nur dann möglich, wenn eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt wird. Es handelt sich dabei jedoch immer um eine Einzelfallprüfung. In begründeten Ausnahmefällen kann einer Bebauung in überschwemmungsgefährdeten Gebieten von behördlicher Seite zugestimmt werden. Zum Beispiel, wenn es um Ersatzbauten für bestehende Gebäude geht oder keine andere Möglichkeit der Siedlungsentwicklung besteht. Für Bauvorhaben in überschwemmungsgefährdeten Gebieten bestehen allerdings immer besondere Anforderungen an Planung, Genehmigung und Bauausführung: Gemäß § 78 WHG ist die Bebauung so zu planen, dass Retentionsräume nicht verringert und bestehende Abflussverhältnisse nicht so verändert werden, dass dadurch Nachteile gegenüber dem Ist-Zustand entstehen. Der bestehende Hochwasserschutz darf durch das geplante Bauvorhaben nicht beeinträchtigt werden. Hierzu ist rechnerisch nachzuweisen, dass verloren gegangener Retentionsraum – möglichst ortsnah – vollumfänglich ausgeglichen wird. Zum Nachweis der sogenannten hydraulischen Verträglichkeit des Vorhabens ist in der Regel eine hydronumerische Berechnung des Ist-Zustands und des geplanten Zustands (Plan-Zustand) sowie ein Vergleich der Berechnungsergebnisse erforderlich. Für das geplante Gebäude ist zudem eine hochwasserangepasste Bauweise erforderlich. Dies kann durch die Anhebung des gesamten Gebäudes über den zu erwartenden Hochwasserstand oder über eine wasserdichte und auftriebssichere Ausführung der unterhalb des Hochwasserstands gelegenen Gebäudeteile erfolgen. Wenn Sie mehr zum hochwasserangepassten Bauen erfahren wollen, finden Sie in der Hochwasser-schutzfibel (fib-bund.de) der Fachinformation Bundesbau weitere Hinweise und Planungshilfen. Wichtig: Die genauen Anforderungen sind immer mit der zuständigen Behörde und fachlich spezialisierten Planungsbüros abzustimmen.

Darf in Risikogebieten gebaut werden?

Risikogebiete, die außerhalb von festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten liegen, entsprechen in Bayern den Gebieten eines Extremhochwassers (LINK: intern im Blogbeitrag).

Welche rechtlichen Vorgaben gelten, hängt davon ab, ob für den jeweiligen Standort ein Bebauungsplan existiert. Ist ein solcher vorhanden, richtet sich das Bauvorhaben nach den dort vorgeschriebenen Festsetzungen. Existiert kein Bebauungsplan, dann sollen die baulichen Anlagen in diesen Bereichen laut § 78 b Wasserhaushaltsgesetz „nur in einer dem jeweiligen Hochwasserrisiko angepassten Bauweise nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet oder wesentlich erweitert werden, soweit eine solche Bauweise nach Art und Funktion der Anlage technisch möglich ist; bei den Anforderungen an die Bauweise sollen auch die Lage des betroffenen Grundstücks und die Höhe des möglichen Schadens angemessen berücksichtigt werden.“

Auch hierzu finden Sie in der Hochwasser-schutzfibel (fib-bund.de) der Fachinformation Bundesbau viele Informationen zum hochwasserangepassten Bauen.  

Was ist ein wassersensibler Bereich?

Wassersensible Bereiche sind weder festgelegte noch vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete oder Risikogebiete. Es sind laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) jedoch Bereiche, die auf Grund der Topografie im natürlichen Einflussbereich von Gewässern liegen.

Dazu gehören beispielsweise Bereiche in der Nähe von Mooren und Auen sowie Grabenstrukturen. An diesen Stellen kann es zu über die Ufer tretende Flüsse und Bäche, zeitweise hohen Wasserabfluss in sonst trockenen Tälern oder auch vorübergehend hoch anstehendes Grundwasser kommen. Das LfU beschreibt den Unterschied zu überschwemmungsgefährdeten Gebieten folgendermaßen:

„Im Unterschied zu amtlich festgesetzten oder für die Festsetzung vorgesehenen Überschwemmungsgebieten kann bei diesen Flächen nicht angegeben werden, wie wahrscheinlich Überschwemmungen sind. Die Flächen können je nach örtlicher Situation ein häufiges oder auch ein extremes Hochwasserereignis abdecken. An kleineren Gewässern, an denen keine Überschwemmungsgebiete oder Hochwassergefahrenflächen vorliegen kann die Darstellung der wassersensiblen Bereiche Hinweise auf mögliche Überschwemmungen und hohe Grundwasserstände geben und somit zu Abschätzung der Hochwassergefahr herangezogen werden.“ (Detailinformationen zu Geodatendienst – LfU Bayern , Stand: 14.03.2023)

Sollte Ihr Bauvorhaben in einem wassersensiblen Bereich liegen, dann kann es also sein, dass die zuständige Behörde Sie dazu auffordert, einen Nachweis über die Auswirkungen eines Hochwasserereignisses in diesem Gebiet zu erbringen. Dazu benötigen Sie unter anderem eine sogenannte hydraulische Berechnung.

Welche Funktion haben Retentionsräume?

Überschwemmungsgebiete sollen nach § 77 des Wasserhaushaltsgesetz grundsätzlich in ihrer Funktion als sogenannte Rückhalteflächen bzw. Retentionsräume erhalten bleiben. Retentionsräume sind Gebiete, die beim Hochwasser eines Gewässers gefahrlos überflutet werden können und einen temporären Wasserrückhalteraum darstellen. Auen sind hierfür ein gutes Beispiel.

Fehlen solche Überflutungsflächen, kann das beispielsweise bei Starkregenereignissen verheerende Folgen haben. Deswegen ist es auch so wichtig, dass Retentionsräume geschützt und verloren gegangene Retentionsräume ortsnah wieder ausgeglichen werden.  

Was ist der Unterschied zwischen Hochwassergefahren­karten und Hochwasserrisiko­karten?

Für viele Gewässer, an denen ein Hochwasserrisiko besteht, liegen für die Hochwasserszenarien „HQhäufig“, „HQ100“ und „HQextrem“ sowohl Gefahrenkarten als auch Risikokarten vor.    

Hochwassergefahrenkarten zeigen, welche Gebiete bei welchen Szenarien überflutet werden und wie hoch das Wasser dann über dem Gelände steht. Diese sogenannten Wassertiefen werden dabei in farblichen Abstufungen angezeigt.

Hochwasserrisikokarten zeigen hingegen die möglichen negativen Auswirkungen eines Hochwasserereignisses auf die menschliche Gesundheit und Schutzgüter: Wie viele Einwohner sind betroffen? Gibt es dort möglicherweise Industriebetriebe, von denen Umweltgefährdungen ausgehen könnten? Oder sind unter Umständen Trinkwasserschutzgebiete gefährdet?

Auch hier bietet das Bayerische Landesamt für Umwelt viele weiterführende Informationen. Für Bayern können Sie diese Karten im BayernAtlas oder im UmweltAtlas nachsehen.

Sie haben noch Fragen?

Dann kontaktieren Sie uns bitte! Das Team der IFB Eigenschenk berät Sie gerne ausführlich in einem kostenlosen Erstgespräch. Selbstverständlich geht dies auch online, falls Sie nicht zu uns nach Deggendorf in Niederbayern kommen können.