Luftreinhaltung – Worum geht es?
Saubere Luft ist ein elementares Grundbedürfnis des Menschen und unverzichtbar für das Wohl des Ökosystems. Die Qualität unserer Luft zu verbessern und Schadstoffeinträge zu reduzieren ist deshalb eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die hiermit verbundenen Bemühungen fallen unter den Begriff der Luftreinhaltung.
Ziel der Luftreinhaltung ist die langfristige Sicherstellung guter Luftqualität. Durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung soll einer Luftverschmutzung entgegengewirkt oder diese gar verhindert werden.
Der gesetzliche Rahmen zur Umsetzung der Ziele der Luftreinhaltung wird in Deutschland vor allem durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und verschiedene Rechtsverordnungen (v. a. 1. – 44. BImSchV) und Verwaltungsvorschriften (v. a. TA Luft) geregelt. Zusätzlich sind in mehr als 500 VDI-Richtlinien und 140 DIN-Normen Standards für Luftreinhaltung nach dem Stand der Technik festgelegt.
Was hat Luftreinhaltung mit Bauleitplanung zu tun?
Nach den beispielsweise im Baugesetzbuch (BauGB) festgelegten Grundsätzen sollen Bauleitpläne unter anderem dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Eine rechtssichere Bauleitplanung ist dabei so umzusetzen, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftschadstoffe und Gerüche verhindert werden.
Demzufolge ist die Luftreinhaltung ein integraler Bestandteil in der planerischen Umsetzung einer städtebaulichen Entwicklung. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch der in der BauNVO verankerte Vorsorgegrundsatz, wonach die Entwicklungsmöglichkeit von bestehenden Betrieben durch eine heranrückende Bebauung nicht über das zulässige Maß beschränkt werden darf. Auch in diesem Fall kann durch einen entsprechenden rechnerischen Nachweis Vorsorge geleistet und ein immissionsschutzfachlicher Konflikt verhindert werden.
Beabsichtigt eine Kommune beispielsweise ein allgemeines Wohngebiet (WA) in direkter Nachbarschaft zu einem bestehenden Tierhaltungsbetrieb sowie einer stark befahrenen Straße auszuweisen, so sind – zur Vermeidung immissionsschutzfachlicher Konflikte – die Belange der Luftreinhaltung (hauptsächlich Gerüche sowie verkehrsbedingte Luftschadstoffe) bereits in der Vorabplanung miteinzubeziehen. Über entsprechende Fachgutachten ist der Nachweis zu führen, dass die einschlägigen Anhalts- und Grenzwerte für Geruch und verkehrsbedingte Luftschadstoffe im Geltungsbereich der Planung eingehalten werden. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass sich durch die kommunale Planung keine Einschränkungen des Tierhaltungsbetriebes in dessen Entwicklungsmöglichkeiten ergeben.
In welcher Planungsphase spielt Luftreinhaltung eine Rolle?
Im Sinne einer rechtssicheren Bauleitplanung sollte sich der Vorhabensträger bereits in einer frühen Planungsphase (z.B. vor Aufstellungsbeschluss) mit konkreten Fragestellungen zur Luftreinhaltung befassen. Zur Vermeidung von unnötigen Kosten und/oder Zeitverzögerungen ist es empfehlenswert, zu Beginn der Planung bereits erste immissionsschutzfachliche Berechnungen anzustellen und die Planung gegebenenfalls an die Berechnungsergebnisse anzupassen. Werden immissionsschutzfachliche Konfliktpotenziale zu spät betrachtet oder völlig außer Acht gelassen, so kann dies im schlimmsten Fall die Planungsabsicht drastisch einschränken oder sogar verhindern.
Wie wird bei einem Luftreinhaltungs-Gutachten für die Bauleitplanung vorgegangen?
Im Rahmen der fachgutachterlichen Prüfung einer kommunalen Planungsabsicht werden in einem ersten Schritt die Emissionsfrachten der relevanten Betriebe oder Anlagen und Verkehrswege quantifiziert. Anschließend werden die Immissions-Kenngrößen mittels Ausbreitungsrechnung nach Maßgabe des Anhangs 2 der TA Luft 2021 prognostiziert. Der Prognoserechnung werden dabei eine Vielzahl von standortspezifischen Berechnungsparametern zugrunde gelegt. Die Beurteilung der berechneten Immissions-Kenngrößen erfolgt anhand der maßgeblichen Grenz- oder Anhaltswerte entsprechend der jeweiligen Regelwerke. Alternativ zu einer Ausbreitungsrechnung kann für spezielle Fallkonstellationen die Beurteilung eines Sachverhalts auch mittels Abstandsbeurteilungen erfolgen.
Zu Verdeutlichung der Vorgehensweise wird erneut das vorstehend skizzierte Beispiel aufgegriffen. In diesem Fall werden die Geruchs-Emissionsfrachten des Tierhaltungsbetriebes mittels der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 und die verkehrsbedingten Luftschadstoffe quantifiziert. Die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen erfolgt anschließend entweder über eine Abstandsbeurteilung und/oder mittels einer Ausbreitungsrechnung (Prognose). Die Beurteilung der Geruchsbelastung erfolgt nach Vorgabe des Anhangs 7 der TA Luft 2021, wohingegen für verkehrsbedingte Luftschadstoffe die Grenzwerte der TA Luft 2021 bzw. der 39. BImSchV herangezogen werden.
Rasterkartendarstellung der Geruchsbelastung in % der Jahresstunden
Wie kann Immissionswert-Überschreitungen entgegengewirkt werden?
Eine Immissionswert-Überschreitung bedeutet nicht per se, dass der Planungswille der Kommune nicht umgesetzt werden kann. Beispielsweise können durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe (z. B. Wohnraumorientierung, Ausstattung mit Zentrallüftungsanlage) – trotz einer Überschreitung der Immissionswerte – gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet werden. Weiterhin kann die immissionsseitige Wirkung von Betrieben oder Anlagen durch technische Maßnahmen (z. B. Abluftwäscher, Kaminerhöhung etc.) erheblich reduziert werden.
Bezogen auf den oben exemplarisch beschriebenen Fall könnte einer Immissionswert-Überschreitung durch eine Ausstattung der Wohngebäude im geplanten WA mit einer Zentrallüftungsanlage oder mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung entgegengewirkt werden. Die erforderliche bauliche Ausstattung der Wohngebäude könnte über entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan verankert werden.
Welche immissionsschutzrechtlichen Vorgaben / Konfliktsituationen sind im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens weiterhin zu beachten?
Neben der Thematik Luftreinhaltung werden Bauleitplanverfahren oftmals auch von Fragestellungen zum Schallschutz tangiert. Hierbei ist zu prüfen, ob Lärm, verursacht durch im Einwirkbereich des Plangebietes ansässige Betriebe, den Verkehr, Sportanlagen etc., auf unzulässige Weise auf die Planung einwirken. Durch den rechnerischen Nachweis der Einhaltung der einschlägigen Grenzwerte und Anhaltswerte kann bereits in der Planungsphase ein wesentlicher Beitrag zur Rechts- und Planungssicherheit geleistet werden.